Demonstration gegen Extremismus am 26.01.2024

27.01.2024

Die demokratischen Parteien im Königswinterer Stadtrat hatten zu einer gemeinsamen Demonstration gegen Extremismus aufgerufen. Dem Aufruf folgten mehr als 1.000 Menschen und versammelten sich am 26.01.2024 auf dem Marktplatz in Königswinter.

Lesen Sie hier den Redebeitrag unseres Parteivorsitzenden Christian Steiner anlässlich der Kundgebung:

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

ich danke Ihnen, dass Sie dem gemeinsamen Aufruf gefolgt und so zahlreich erschienen sind. Das ist einfach überwältigend. Was uns verbindet ist die Sorge vor antidemokratischem, menschenverachtendem, extremistischem und radikalem Gedankengut und der Wille, dem etwas entgegen zu setzen. Demokratie lebt vom Engagement der Bürgerinnen und Bürger. Wie groß dieses Engagement ist, haben bereits sehr viele Menschen in den letzten Tagen in unserem Land eindrucksvoll gezeigt. Heute tun wir das in Königswinter. Lassen Sie uns wachsam bleiben und uns denjenigen entgegenstellen, die unsere freiheitliche Ordnung zerstören wollen. Dies ist eine Aufgabe, die über den heutigen Tag hinausgeht und uns alle auch im Alltag fordert.

In diesem Jahr befindet sich die Demokratie am Scheideweg. Knapp die Hälfte der Weltbevölkerung ist im Superwahljahr 2024 zu den Urnen aufgerufen. Es handelt sich um Richtungswahlen für die gesamte Welt.

Am 09. Juni entscheidet sich die Zukunft der Europäischen Union. Ein neues Europäisches Parlament wird gewählt. Der frühere Bundeskanzler Konrad Adenauer hat einmal gesagt: „Die Einheit Europas war ein Traum von wenigen. Sie wurde eine Hoffnung für viele. Sie ist heute eine Notwendigkeit für uns alle.“ Diese Notwendigkeit gilt es in der heutigen Zeit immer wieder neu zu untermauern. Europa ist eine Geschichte des Friedens, der Demokratie und des Rechtsstaats. Ein einzigartiges Gebilde in der internationalen Staatengemeinschaft. Nationalstaaten haben sich zusammengeschlossen und geben einen Teil ihrer Souveränität ab, um enger zusammenzuwachsen. Die Lehren und Gräuel der beiden Weltkriege noch spürbar vor Augen. Doch der europäische Gedanke ist bedroht. Rechtspopulistisches und rechtsextremes Gedankengut machen sich breit, die Angst als Geschäftsmodell ihrer Politik verstehen. Sie drohen teils mit einem Verlassen der Europäischen Union, einem Desintegrationsprozess, den sich die Europäische Union angesichts der aktuellen Krisen, Kriege und Konflikte auf der Welt nicht leisten kann. Wir brauchen stärker denn je eine starke, vereinte Stimme Europas, die ihre Interessen geeint nach außen vertritt, und keine Spaltung. Europas Motto lautet: „In Vielfalt geeint“. Und genau deshalb stehen wir heute hier. Wir setzen ein gemeinsames, überparteiliches und überkonfessionelles Zeichen für Vielfalt, für Toleranz, für Frieden, für Freiheit, für Demokratie, für Rechtsstaatlichkeit und für Menschenrechte. Und gegen Rassismus, Menschenverachtung und Rechtsextremismus.

Im September entscheidet sich die Zukunft in drei ostdeutschen Bundesländern, wenn in Thüringen, Sachsen und Brandenburg gewählt wird. Und ich muss Ihnen ehrlich sagen, wenn ich an den Ausgang dieser Wahlen denke, bekomme ich einen Kloß im Hals. Eine Partei, die in großen Teilen als gesichert rechtsextrem eingestuft und vom Verfassungsschutz beobachtet wird, könnte stärkste Kraft werden. Für uns als Christdemokraten ist glasklar: Die Brandmauer zur AfD steht. Es wird keine Zusammenarbeit geben. Wer völkisch-nationale Begriffe wie „Remigration“ propagiert, steht nicht mit beiden Beinen auf unserem Grundgesetz. Der gehört nicht in die deutsche Politik. „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen, ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Genau dafür stehen wir als Demokraten ein. Und wer den Nationalsozialismus als Vogelschiss in der deutschen Geschichte bezeichnet, der hat im deutschen Geschichtsunterricht nicht aufgepasst. Antisemitismus und Fremdenhass dürfen in unserer Gesellschaft keinen Platz haben.

Doch die Frage, die wir uns alle stellen müssen, lautet: Warum wählen immer mehr Menschen AfD? Wie konnte es soweit kommen? Bei der Beantwortung dieser Frage muss sich die Politik auch einmal demütig an die eigene Nase fassen. Die Menschen sind unzufrieden und haben Zukunftsängste, Angst vor wirtschaftlichem Verlust, Angst vor einem soziokulturellen Identitätsverlust und fühlen sich schlichtweg durch die Politik nicht mehr repräsentiert. Und genau an dieser Stelle ist es, wo das rechtspopulistische Gedankengut verfängt, wenn vermeintlich einfache Lösungen für komplexe Sachverhalte gegeben werden. Aber die AfD präsentiert keine Lösungen, sondern ist immer einfach nur dagegen. Das ist keine ernstzunehmende Politik.

Doch wie schaffen wir es, verloren gegangenes Vertrauen zurückzuholen? Natürlich haben wir dafür auch kein Patentrezept. Doch wir brauchen eine gute, klare Kommunikation, warum bestimmte Maßnahmen notwendig sind. Wir brauchen eine Mitnahme der Menschen bei politischen Entscheidungen. Aber, was wir vor allem brauchen, das sind konkrete Lösungen für konkrete Probleme. Wir müssen Vertrauen in die Politik und in die Demokratie zurückgewinnen. Eine Demokratie braucht Demokraten, sonst ist sie zum Scheitern verurteilt. Und die AfD will unsere Demokratie scheitern sehen. Lassen Sie uns also heute, gut 75 Jahre nach der Verkündung des Grundgesetzes, als Demokraten Seite an Seite zusammenstehen. Und damit das heutige Zeichen, das wir gerade setzen, nicht verblasst, darf ich Sie herzlich ermutigen: Engagieren Sie sich in demokratischen Parteien und unterstützen unsere Demokratie aktiv. Und gehen Sie wählen, als überzeugte Demokraten, und setzen eine starke Stimme für Europa. Für Frieden, für Freiheit, für Rechtsstaatlichkeit. Für die Demokratie. Eine Notwendigkeit für uns alle.

Vielen Dank!